Was ist Ashtanga Yoga?

Ashtanga unterscheidet sich von anderen Formen des Yoga durch den Gebrauch von Vinyasa (Synchronisation von Atmung mit Bewegung), von Ujjayi-Atmung (Pranayama), von Bandhas (energetische Verschlüssen) und von Dristis (Konzentrationspunkte) in Kombination mit der Praxis von Asanas (Körper-Positionen) in Serien. Diese Elemente helfen dem Praktizierenden, während der gesamten Praxis konzentriert zu bleiben und sich in einen tiefen meditativen Zustand zu versetzen. "Adjustments" oder physische Korrekturen sind ein wichtiger Teil von Ashtangaklassen. Erfahrene Lehrer geben nicht nur verbale Hinweise, sondern korrigieren vor allem mit ihren Händen die Position des Studenten oder vertiefen sie durch Dehnungen und Streckungen. 

 

Ashtanga Yoga ist eine Lebensphilosophie, die einen gesunden Körper und Geist kreiert. Wird es korrekt praktiziert, führt es den Übenden allmählich auf allen Ebenen des menschlichen Bewusstseins - physisch, psychisch und spirituell - zu seinem vollen Potenzial. Indem man diese Disziplin mit Regelmäßigkeit und Hingabe übt, gewinnt man sowohl geistige wie körperliche Stabilität und findet zu seinem inneren Gleichgewicht. Durch eine regelmäßige Praxis gewinnen wir Kontrolle über die Sinne und ein tiefes Bewusstsein von uns selbst. Dies führt zu Gleichmut und Glück, innerem Frieden und Ausgeglichenheit und unterstützt unsere Selbsterkenntnis und Selbstverwirklichung. Die Serien von Asanas heilen nicht nur den physischen Körper, sondern auch den Geist. 

 

Die Ashtanga-Serien

Ashtanga Yoga kennt bis zu sechs verschiedene Praxis-Serien, die traditionell im sogenannten Mysore Stil unterrichtet werden. Die körperlich anspruchsvollen Serien verbinden die an sich statischen Postionen mit den fließenden Bewegungen der Vinyasas, um so den Körper von der vorherigen Position zu entspannen und auf die nächste vorzubereiten. Diese Serien müssen langsam und mit Geduld erlernt werden. Wer unter körperlichen Einschränkungen leidet, sollte die "Erste Serie" anfangs in verkürzter und vereinfachter Form üben, bis Körper und Geist bereit sind, sich dem vollen Programm zu widmen.

 

Die Erste Serie (Yoga Chikitsa = Yoga Therapie) hat zum Ziel, den Körper zu entgiften und flexibel zu machen. Sie ist für jedermann geeignet. Die Zweite Serie (Intermediate Serie oder Nadi Shodana = Reinigung der Energiekanäle) wurde von P. Jois vor allem für YogalehrerInnen empfohlen. Sie konzentriert sich auf die Reinigung und Öffnung der Energie-Kanäle und des Nervensystems. Die fortgeschrittenen Serien A, B, C und D (zusammengefasst unter dem Namen Sthira Bhaga = göttliche Ruhe oder Stabilität) dienen Jois zufolge vor allem zu Demonstrationszwecke und sind für Menschen mit hoher körperlicher Flexibilität geeignet, die weitere Herausforderungen suchen. Auf diesem Niveau erfährt man die unbändige Freiheit des Körpers, die man normalerweise nur als Kind besitzt. Dies kann als sehr befreiend und befriedigend erlebt werden. 

 

In den Übungsserien wird großer Wert auf die Beweglichkeit der Wirbelsäule gelegt, in welcher das Rückenmark entlangläuft. Die Übungen haben deswegen tiefgreifende Auswirkungen, die bis ins Zentralnervensystem reichen und auf Gehirnfunktionen Einfluß nehmen. Asanas sind deswegen auch bei psychischen Probleme hilfreich, da diese sich oft in körperlicher Form äußern, z.B. durch Blockaden, verspannte Muskeln oder organischem Unwohlsein. Bei einer regelmäßigen Yogapraxis lösen sich die physische Blockaden und Verspannungen durch die zunehmende Beweglichkeit des Körpers auf, und das Nervensystem erfährt eine Harmonisierung. Selbst wenn man mit großer seelischer Belastung in eine Yogaklasse geht, hat man seine Probleme nach kurzer Zeit vergessen, da sich der Geist auf den Atem und die Übungen konzentriert. Er "vergisst" weiter über Probleme nachzudenken, weil er sich auf den gegenwärtigen Moment konzentrieren muss.

Auf diese Weise können sich Geist und Seele erholen, man gewinnt Abstand von und Klarheit über seine Probleme. Deswegen verlassen viele Menschen eine Yogaklasse entspannt und fühlen sich ausgeglichen und erfrischt. Die Probleme verschwinden nicht, aber man findet neue Kraft, sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Der beruhigenden Effekt auf den Geist löst innere und äußere Spannungen und erlaubt eine tiefe, nicht nur körperliche Erholung.